Wenn ein Fußballspiel im Fernsehen live übertragen wird, dann sehen wir nicht nur die Bilder vom Spielgeschehen, zumindest das, was die Bildregie uns davon präsentiert, sondern es gibt auch eine Tonspur zu den Bildern. Die Geräusche vom Spielfeld und die Zuschauerkulisse hören wir dabei nur als Hintergrundgeräusche, im Vordergrund ist eine Stimme, der Fußball-Kommentator. Oft holt er sich noch Verstärkung an Bord, dann kann es sogar einen Dialog mit dem Co-Kommentator geben, dem wir als Zuschauer oder in diesem Fall Zuhörer lauschen dürfen.
Redeanteil der Kommentatoren hat zugenommen
Wenn man die Entwicklung des Redeanteils dieser Berufsgruppe etwas genauer unter die Lupe nimmt, dann fällt auf, dass immer mehr geredet wird. Eine – nicht wissenschaftlich fundierte – Auswertung hat ergeben, dass bei der letzten Weltmeisterschaft die Kommentatoren im deutschen Fernsehen zwischen 47 und 58 Prozent der Spielzeit geredet haben.
Diese Zahlen sollten Sie sich noch einmal durch den Kopf gehen lassen: Zwischen 47 und 58 Prozent. Im Schnitt also wohl mehr als 50 Prozent. Im Klartext heißt das, es wurde mehr geredet als geschwiegen. Sicher, als Kommentator wird man fürs Reden bezahlt, das sagt ja schon der Name, aber warum muss das gleich so viel sein?
“Knapp vorbei”
ARD-Kommentator Rudi Michel, der mit fünf Endspielen bei Fußball-Weltmeisterschaften der absolute Spitzenreiter in dieser Berufsgruppe ist, war dagegen fast wortkarg. Seine Netto-Redezeit beim Finale 1974 zwischen Deutschland und den Niederlanden betrug gerade mal 19 Minuten. Bei einer Spielzeit von 90 Minuten und etwas Nachspielzeit sind das in etwa 20 Prozent.
Damals reichten 20 Prozent Redezeit des Kommentators aus, damit Deutschland Weltmeister werden konnte. Hören wir mal kurz in die Texte von Herrn Michel rein: “Beckenbauer, Overath, Müller. Knapp vorbei.” Kurz und knapp, man kann sich auch ohne Fernsehbild vor Augen vorstellen, was da gerade abgelaufen ist. Mit Fernsehbild natürlich noch viel besser.
Hintergründe
Was hat sich seitdem verändert? Setzt man beim Zuschauer weniger Fachkenntnisse voraus? Heute liefern uns die Kommentatoren mehr Hintergrund-Informationen. Sie erklären mehr. Sind die Zuschauer dümmer geworden? Kann der Kommentator von heute nicht mehr davon ausgehen, dass die Zuschauer dem Spiel folgen können? Immerhin bekommen sie Bilder geliefert, sie sehen also, was gerade passiert. Ein paar Worte vom Kommentator, das sollte doch ausreichend sein.
Bela Rethy, der es bisher immerhin auf drei WM-Endspielteilnahmen gebracht hat, gehört zu der modernen Variante des Fußball-Kommentators. Er hat seine eigene Theorie. Der moderne Fußball hat sich weiterentwickelt, die Spielstrategien sind komplexer geworden, er sieht hier mehr Erklärungsbedarf. Aber viele Zuschauer sehen das anders.
Kritik an Moderatoren
Viele Moderatoren sehen sich oft Spott und Kritik ausgesetzt, Zuschauer mäkeln an Versprechern herum und spötteln über kuriose Satzkonstruktionen der Redekünstler. Die Kommentare sind dabei oft nicht sachlich, teilweise sogar unter der Gürtellinie. Das haben die Herren und die wenigen Damen dieses Berufsstands nicht wirklich verdient.
Ein Vorschlag ist relativ einfach, und auch einfach umzusetzen. Liebe Herren und Damen Kommentatoren, redet einfach weniger! Ab und zu mal die Klappe halten, tut allen gut. Je weniger ihr redet, um so weniger verplappert ihr euch. Und der Rest der Redezeit ist auf höherem Niveau. Ein weiterer positiver Nebeneffekt, auch der Zuschauer kann sich mal seine eigenen Gedanken machen. Bei akustischer Dauerberieselung bleibt dafür ja keine Zeit.